Die Steigleitungen wurden aus Glas gefertigt

Die Steigleitungen wurden aus Glas gefertigt

Jena Winzerla. Toralf Seidemann ist ein ganz besonderer Zeitzeuge in Sachen „50 Jahre Winzerla“. Der 53-jährige Mediator hat nämlich als Lehrling einige der Blocks des Neubaugebietes mit errichtet. Genauer gesagt, hat Toralf Seidemann als angehender Installateur die Nasszellen der Blocks mit installiert. Der Clou dabei: Die Steigleitungen wurden mit Glasrohren verlegt. „In der DDR wurde doch ständig versucht, Material einzusparen und so wurde dort eben mit Glas experimentiert“, sagt Seidemann. Wobei das offensichtlich gar keine so schlechte Idee war: In einigen Wohnblocks sind die Glasleitungen bis heute in Betrieb!
Toralf Seidemann stammt aus Gera und wurde im dortigen Wohnungsbaukombinat (WBK) ausgebildet. Aus der damaligen Bezirksstadt ging es per Bus nach Jena. Die Fahrt startete am Platz der Republik und zog sich in die Länge, weil der Bus über die Dörfer fuhr und dort die Bauleute eingesammelt wurden. „Und nach Feierabend wurde die Tour rückwärts wieder abgefahren!“ Die Nasszellen wurden übrigens vorgefertigt und per Kran in den Rohbau eingepasst. In dem Würfel waren Badewanne, WC und Spülkasten bereits installiert, lediglich die Armaturen fehlten noch – Toralf Seidemann vermutet, dass der Diebstahlschutz der Grund dafür war. Die Glasleitungen stellten die Installateure kaum vor Probleme. Wichtig war lediglich, dass sie spannungsfrei verlegt werden mussten. Toralf Seidemann erinnert sich, dass mit Hilfe einer Lichtquelle untersucht wurde, ob noch Spannung vorhanden war: „Wenn das Licht am anderen Ende der Leitung sich brach, stand das Rohr noch unter Spannung und es musste nachjustiert werden.“ Zum Justieren wurden gummierte Schellen verwendet.
Toralf Seidemann kehrte den Bauleuten später den Rücken. Er ging nach 1990 nach Lörrach, arbeitete etliche Jahre im kaufmännischen Bereich. Im Jahr 2011 gründete er die Wildnisschule in Weißbach und er ist im Verein „Konfliktkompetenz Thüringen“ als Mediator tätig. Berührungsängste mit der „Platte“ hat er übrigens nicht: „Ich war noch in der Grundschule, als wir in Gera-Lusan unsere Wohnung beziehen konnten. Und ich weiß noch, wie superglücklich meine Eltern damals waren.“

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