„immer lösungsorientiert bleiben!“
Fragen an den scheidenden Ortsteilbürgermeister: Friedrich-Wilhelm Gebhardt (SPD) war nach Mario Schmauder (CDU) der zweite Ortsteilbürgermeister von Winzerla. Von 2014 an leitete er über zwei Legislaturperioden die Geschicke des Ortsteilrates und war das Sprachrohr der Bürger in Verwaltung und Stadtpolitik. Nun aber ist Schluss, Gebhardt räumt sein Büro. Der 73-Jährige trat nicht noch einmal zur Wahl an. Wir fragten nach einem Fazit seiner zwei Amtszeiten.
Herr Gebhardt, was können Sie auf der Habenseite verbuchen?
Da gäbe es eine Menge zu nennen. Zu Beginn meiner ersten Amtszeit und sogar schon mit Mario Schmauder hatten wir intensive Diskussionen mit dem Jenaer Nahverkehr, um Winzerla besser an den ÖPNV anzubinden. Da ging es um die Einführung der Buslinie 12 und ab 2014 um die notwendige Änderung der Straßenbahnlinien 2 und 3. Letztendlich ist besonders bei der Linie 3 ins Klinikum eine zufriedenstellende Lösung, besonders für viele ältere Bürger geglückt. Wichtige Themen waren auch das Garagenentwicklungskonzept, die Kleingärten und der Lärmaktionsplan. Bei letzterem war besonders die Schrödingerstraße hoch belastet. Da haben wir in mehreren Etappen gute Lösungen gefunden. Es gab eine super Zusammenarbeit mit dem Kommunalservice und dessen Chef Uwe Feige.
Wo lief es nicht so gut, wo klemmte die Säge?
Bei gut besuchten Bürgerversammlungen sind wir meist in die Aula einer der Schulen ausgewichen. Will sagen, uns fehlt nicht nur aus diesem Grund ein Bürgerzentrum, sondern auch für viele soziale Begegnungen der Bürger im Ortsteil. Im Jahr 2018 gab es schon einmal die Chance, dass Fördergelder in Höhe von 90% in Aussicht standen. Schade, dass die Stadt sich damals nicht ausreichend dafür eingesetzt hat. Aber jetzt stehen die Signale auf Grün dank der guten Zusammenarbeit mit dem Dezernat Stadtentwicklung und Umwelt, ich bin optimistisch, dass ab Ende 2026 gebaut wird.
Welche Erfahrungen haben Sie mit den Akteuren im Stadtteil gemacht?
Die Zusammenarbeit mit dem Stadtteilbüro lief super, wir haben uns gut ergänzt. Toll war auch, dass Vorhabenträger mit ihren Plänen für unseren Ortsteil erstmal zu mir kamen, dass mir Ideen vorgestellt wurden, sodass ich rechtzeitig mit dem zuständigen Dezernenten und Bürgermeister Christian Gerlitz sowie den Fachdienstleitern das Gespräch suchen konnte und wir so als Ortsteilrat von Anfang an eingebunden waren.
Welchen Draht hatten Sie zu den Bürgern?
Manchmal gab es Schlangen vor dem Büro, manchmal kam niemand zu den Sprechzeiten, da blieb das Telefon stumm. Aber ich wurde sehr oft angesprochen, wenn ich im Ortsteil unterwegs war. Dann hieß es Notizblock zücken, Stift raus. Die ganze Arbeit läuft über die ganz unterschiedlichen Wünsche der Bürgerinnen und Bürger, sie ist kein Selbstzweck. Nicht alle können umgesetzt werden, auch das gehört zur Wahrheit der Tätigkeit eines Ortsteilbürgermeisters.
So richtig gehen Sie noch nicht in den politischen Ruhestand? Sie kandidieren für den Stadtrat?
Ja, einmal trete ich noch an. Es ist mir wichtig, Stimmen zu sammeln, um die AfD aus diesem Gremium möglichst rauszuhalten. Ob mir das mit meinen Stimmen gelingt, ist eine ganz andere Frage. Die Wähler entscheiden am Schluss inwieweit die AFD sich in der kommunalen Gestaltung unserer Stadt eingebracht hat. Im Stadtrat hatte ich zwei Vertreter aus Winzerla dieser Partei. Die kamen zu den Stadtratssitzungen und haben sich in den letzten fünf Jahren mit keiner Wortmeldung eingebracht. Die Stadt gemeinsam zu gestalten hat aus meiner Sicht viel mit demokratischer Teilhabe und Engagement zu tun.
Was geben Sie ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
Wenn es mal nicht vorwärts geht, nicht mit der Keule draufschlagen, immer lösungsorientiert bleiben. Gute Ideen allein reichen nicht. Die Umsetzung ist oft ein zäher Prozess, da braucht es einen langen Atem, um Winzerlaer Themen mit der Stadt und den Eigenbetrieben umzusetzen.
Die Fragen stellte Stephan Laudien.