Die bunte Vielfalt der „Paradeiser“ von Stephan Laudien

Jena Winzerla. Wussten Sie, dass es ungefähr 10.000 verschiedene Tomatensorten gibt? Angesichts der Tristesse in den meisten Gemüseabteilungen unserer Supermärkte eine schier unglaubliche Zahl. Mancherorts werden die roten Früchte Paradiesäpfel genannt, in Österreich sagen die Leute „Paradeiser“ dazu. Nahezu weltweit werden Tomaten inzwischen angebaut. Wer die aus Südamerika stammenden Wildtomaten kennt, vermag kaum zu glauben, dass hier der Anfangspunkt einer Entwicklung liegt, die die wundersamsten Farben und Formen hervorgebracht hat. Es gibt rote Tomaten, orange, gelbe, braune, schwarze, weiße und grüne, welche mit Streifen, glatte Tomaten und manche sind mit feinen Härchen überzogen. Es gibt wahre Riesen unter ihnen – eine Frucht kann es auf 1,5 kg bringen – aber auch Winzlinge, die kaum die Größe von Johannisbeeren erreichen. Das Spannende an den Tomaten ist, dass die bunte Vielfalt der „Paradeiser“ sich nahezu ausschließlich auf alte Sorten bezieht. Diese Sorten wurden und werden seit Jahrzehnten angebaut und – weil sie sortenecht sind – immer wieder als Saatgutspender verwendet und so vermehrt. Die alten Kulturpflanzen – und längst nicht nur Tomaten – haben in den meisten Fällen regionale Wurzeln, die sich nicht selten in den Namen widerspiegeln. So soll etwa die „Cherokee Purple“ von den Cherokee-Indianern gezüchtet worden sein. Die „Jerrys German Giant Tomatoe“ hingegen hatte ein deutscher Auswanderer im Gepäck, der sein Glück in der neuen Welt gesucht hat.

Seit Jahren gibt es in vielen Ländern Enthusiasten, die sich den Erhalt alter Kulturpflanzen und alter Nutztierrassen auf die Fahnen geschrieben haben. Sie haben die unterschiedlichsten Motive für ihr Tun. Die einen treibt die Sorge um den Erhalt der Schöpfung um, andere sorgen sich um das Erbe, das wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen. Andere wiederum sind auf der Suche nach dem ursprünglichen, dem unverfälschten Geschmack. Sie sind es leid, Einheits-Nahrung und Einheits-Sorten vorgesetzt zu bekommen.
Am 20. Juni ab 9 Uhr (Achtung: wir haben den ursprünglichen Termin um eine Stunde vorverlegt!) werde ich im Stadtteilgarten Winzerla über alte Tomatensorten, ihren Geschmack und den Versuch, ihre Vielfalt zu erhalten, erzählen. Wenn Sie dabei sein wollen, melden Sie sich bitte vorher im Stadtteilbüro (Telefon 354570) an.